cultivating_emotional_balance_Hintergrund

Wie man Freude steigert, erhält oder wieder herstellt, war für die meisten Menschen zu allen Zeiten faktisch der verborgene Antrieb für all ihr Tun.

~ William James

Eine Ökonomie des guten Lebens

Obwohl seit Jahrzehnten in den Industrienationen das durchschnittliche Einkommen gestiegen ist, blieb doch der Grad der allgemeinen Zufriedenheit etwa gleich hoch (Abb. 1). Ab einem bestimmten Punkt – wenn etwa die Grundbedürfnisse gedeckt sind – führt ein höheres Einkommen nicht unbedingt zu einem besseren oder erfüllteren Leben.1 Einige Aspekte, die zu einer vermehrten Zufriedenheit führen können, bleiben offenbar von materiellen Sicherheit, ja sogar von materiellen Überfluss unberührt. Im Gegenteil unterminiert – zumindest auf der Basis einer derzeitig noch zu wenig nachhaltigen Art des Wirtschaftens – der hohe, ressourcenintensive Lebensstil vor allem in den Industrienationen2 allmählich die politische, soziale und ökologische Basis eben dieses Wohlstandes. Allein die Folgen und Risiken, die durch den Klimawandel zu erwarten sind3, werden zukünftige Generationen vor massive Probleme stellen4, sofern es nicht gelingt, einen nachhaltigeren und verantwortungsvolleren Umgang mit Umwelt und natürlichen Ressourcen als gesamtgesellschaftlichen Wert zu etablieren.

Die Kultivierung des emotionalen Gleichgewichts führt zu einem insgesamt geduldigerem, empathischem und nachhaltigerem Umgang zwischen dem einzelnen Menschen und seiner Umwelt. Der konstruktive Umgang gerade mit destruktiven Emotionen kann einer ganzen Reihe von unerwünschten Folgen und Symptomen vor: Stress, psychosomatische Störungen, Burnout, Depressionen, aber auch Ineffizienz und Ausbeutung in wirtschaftlichem oder ökologischen Kontext vorbeugen. CEB setzt auf den transformierenden Prozess der Selbsterkenntnis im einzelnen Menschen, denn die Handlungen und Sichtweisen des Einzelne sind heute vielleicht mehr denn je die Basis des großen Ganzen. Ist der einzelne Mensch in der Lage, einen besseren Umgang mit sich und anderen zu pflegen, und tun das viele Menschen, verändert sich auch das große Ganze zum Positiven. Das ist unsere Hoffnung.

Was sind destruktive Gefühle?

Kein Gefühl ist für sich genommen destruktiv. Unter destruktiven Gefühlen verstehen wir Gefühle, die in der ethischen Konsequenz zu destruktiven Ergebnissen führen – für einen selbst oder für andere. Diese Gefühle einfach zu unterdrücken oder zu ignorieren, führt erfahrungsgemäß nur zu einer Verlagerung des Konflikts in andere Bereiche, die sich dann unter anderem als physische oder psychische Störungen äußern können. Daher ist es wichtig, die destruktive Dynamik von Emotionen kennen zu lernen, ihre Auslöser und Hintergründe zu verstehen, um schließlich zu einem konstruktiven Umgang mit diesen Energien zu finden. Ein konstruktiver Umgang ist ein solcher, der das zerstörerische Potenzial einer Emotion in ein positives Potenzial umwandeln kann, die Energie also freisetzt und nutzbar macht, statt sie zu unterdrücken. Die Unterdrückung von destruktiven Emotionen kostet Energie, die konstruktive Nutzung hingegen erzeugt Energie.

An der Basis ansetzen

Waren Meditation oder Kontemplation vor ein paar Jahrzehnten in Europa noch wenig verbreitet und wurde eher mit Skepsis betrachtet, so findet diese Kulturtechnik heute in immer mehr Bereichen der Gesellschaft eine hohe Akzeptanz. Dies rührt sicherlich auch daher, dass die Wirksamkeit meditativer Praxis wissenschaftlich vielfältig belegt ist5. Neben der schlichten Wirksamkeit bei verschiednen psychischen oder auch physischen Problemen oder auch bei dem Wunsch nach Selbstoptimierung, enthalten Kontemplation und Meditation aber auch einen besonderen Aspekt. Sie ermöglichen es dem Einzelnen, durch innere Erfahrung und Einsicht zu begreifen, wie und warum welches Gefühl, welche Stimmung, ja, welcher Charakterzug in welchem Kontext zu Tage tritt. Meditative und kontemplative Praxis ermöglichen somit einen Zugang zur unmittelbaren Basis tagtäglicher Erfahrung. Genau hier setzt CEB an.

Das Verhältnis zur Wirklichkeit bestimmt die Wahrnehmung der Wirklichkeit. Wenn ich mein Verhältnis zur Wirklichkeit verändern kann, verändere ich auch die Wahrnehmung meiner Wirklichkeit. Dieses Verhältnis zu verstehen und positiv zu beeinflussen ist eines der Hauptanliegen von CEB.

1 Diener, E. & Seligman, M.E.P., Beyond Money: Toward an economy of well-being. Psychological Science in the Public Interest; 5(1), 1-31, 2004

2 So schreibt der IPCC-Sonderbericht aus dem Jahr 2018: An Land sind die Folgen für Biodiversität und Ökosysteme, einschließlich des Verlusts und des Aussterbens von Arten, laut Projektionen bei 1,5 °C globaler Erwärmung geringer als bei 2 °C. Eine Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 °C verglichen mit 2 °C verringert laut Projektionen die Folgen für Ökosysteme an Land, im Süßwasser und an Küsten und erhält mehr von deren Leistungen für den Menschen aufrecht. […] Klimabedingte Risiken für Gesundheit, Lebensgrundlagen, Ernährungssicherheit und Wasserversorgung, menschliche Sicherheit und Wirtschaftswachstum werden laut Projektionen bei einer Erwärmung um 1,5 °C zunehmen und bei 2 °C noch weiter ansteigen. (https://www.de-ipcc.de/media/content/Hauptaussagen_IPCC_SR15.pdf)

3 2016 emittierte die EU-28 insgesamt rund 4.291 Millionen Tonnen (Mio. t) Treibhausgase in Kohlendioxid (CO2)-Äquivalenten. Deutschland gehörte dabei mit 21% zu den größten Emittenten für Treibhausgase in der EU. Quelle: Bundesumweltamt (Abgerufen 20.03.19)

4 Detaillierte Aussagen zu den zu erwartenden Folgen Klimafolgen finden sich auch in dem über 600 Seiten starken Bericht des U.S. GLOBAL CHANGE RESEARCH PROGRAMCLIMATE SCIENCE SPECIAL REPORT (CSSR) (in englischer Sprache)

5 Ott, U. (1), Hölzel. B. K.(1, 2), & Vaitl.D. (1); Brain Structure and Meditation – How Spiritual Practice Shapes the Brain; 1 Bender Institute of Neuroimaging, University of Giessen, Germany; 2 Massachusetts General Hospital, Harvard Medical School, Boston, MA, U.S.A.